Haben neue Mutationen Auswirkungen auf die Effektivität der Impfung?
1450_ärztlicher Leiter_Dr_Gfrerer_Daniel

Dr. Daniel Gfrerer der ist medizinischer Leiter der Gesundheitsberatung 1450 in Vorarlberg.

Dass sich das Coronavirus verändert und mutiert ist normal und war zu erwartet. Im Fall von SARS-CoV-2 wurden insgesamt inzwischen mehr als 300.000 unterschiedliche Mutationen nachgewiesen. Die meisten Mutationen bleiben dabei unbedenklich und unbedeutsam. Derzeit sind es jedoch zwei Mutationen, die eine besondere Aufmerksamkeit benötigen:

  • die Mutation aus England, Virusvariante B.1.1.7
  • die Mutation aus Südafrika, Virusvariante B.1.351 (auch 501.V2 oder 20H/501Y.V2)

Diese zwei veränderten Vieren gewinnen einen sogenannten selektiven Vorteil und können dadurch, im Vergleich zum „Ursprungs-Virus“, gefährlicher sein.

 

Die Mutation aus England, Virusvariante B.1.1.7:

Zunächst hieß es, dass die neue Mutation infektiöser, also noch leichter übertragbar wäre. Schätzungen gingen bis zu einer 50%ig höheren Infektiosität aus. Die Mortalität, also die Sterberate, wäre jedoch unverändert. Das bedeutet wiederum, dass die neue Virusvariante nicht tödlicher ist, aber bei mehr Infizierten auch mehr Todesfälle zu beklagen wären.

In einer neuen Studie der Universität Oxford, England (jedoch noch „Preprint", also noch nicht von unabhängigen Experten beurteilt) liegen nun etwas andere Daten vor. Im Rahmen der national repräsentativen Überwachungsstudie in GB wurden bei mehr als 1,5 Millionen Proben von Nasen- und Rachenabstrichen zwischen 28.09.2020 und 02.01.2021 vorgenommen und analysiert.

  • von über 1.500.000 Proben waren 0,98% PCR-positiv, 23% davon waren der Mutation B.1.1.7 zuzuordnen
  • die Raten der neuen Variante stiegen im Beobachtungszeitraum im Durchschnitt um 6% schneller als die des Ursprungsvirus SARS-CoV-2
  • die Wachstumsraten beider Varianten waren sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Personen ähnlich
  • Unterschiede in der Virenlast sowie in der Schwere von aufgetretenen Erkrankungen wurden nicht beobachtet

Aus diesen Studienergebnissen lässt sich schließen, dass sich die Virusvariante B.1.1.7 nur geringgradig, um 6% schneller verbreitet als die klassische Variante, zu keiner höheren Viruslast führt und keine bestimmte Altersgruppe priorisiert.

Erste Untersuchungen konnten zwar zeigen, dass die Vakzine/Impfstoffe gut gegen die britische Variante wirken, der Impfschutz bei der südafrikanischen Variante fällt jedoch etwas geringer aus. Allerdings führe dies laut BioNTech/Pfizer "vermutlich nicht zu einer signifikant verringerten Wirksamkeit des Impfstoffs."

 

Die Mutation aus Südafrika, Virusvariante B.1.351 (auch 501.V2 oder 20H/501Y.V2):

Diese Virusvariante B.1.351 wurde erstmalig in Südafrika und Nigeria entdeckt, zwischenzeitlich konnte diese in 44 weiteren Staaten (Stand: 09.02.2021) nachgewiesen werden, darunter Großbritannien, Frankreich und auch Österreich. Laut AGES befindet sich der größte bestätigte Cluster der Südafrika-Mutation außerhalb Südafrikas derzeit in Tirol. Diese Mutation zeigt Veränderungen im Bereich des Spike-Proteins, mit dem das Virus an die Zelloberfläche von menschlichen Zellen andockt. Dies ist insofern problematisch, da die meisten Impfstoffe auf dieses Oberflächen-AG abzielen. Kommt es zu einer Mutation/Veränderung, kann der geimpfte, immunisierte Organismus das AG nicht mehr erkennen und ist somit auch nicht mehr geschützt. Bisherigen Untersuchungen zufolge ist die südafrikanische Mutation dadurch deutlich ansteckender und könnte sich rund 50 bis 60 % schneller ausbreitet als die ursprüngliche Variante. Es wird auch vermutet, dass die Südafrika-Variante eher jüngere Menschen befällt und häufiger zu schweren Erkrankungsverläufen führt. Allerdings scheint auch hier, nach bisherigen Kenntnissen, keine Zunahme der Mortalität, also höhere Sterblichkeit vorzuliegen, im Vergleich zum „Ursprungs-Virus“.

Eine aktuelle Studie mit ca. 2000 Probanden unter 65 Jahren („Preprint", noch nicht in einem Fachmagazin erschienen und von unabhängigen Experten begutachtete Untersuchung wurde von den Universitäten Oxford in Großbritannien und Witwatersrand in Südafrika veröffentlicht) zeigt, dass eine Impfung mit dem Astrazeneca-Wirkstoff nur minimal vor leichten und moderaten Erkrankungen nach einer Infektion mit der in Südafrika vorherrschenden Virusvariante B.1.351 schützt. Man weiß jedoch derzeit nicht genau, ob nicht doch schwerer Fälle bzw. Verläufe verhindert werden können. Dieser Impfstoff wäre aufgrund der günstigen logistischen Anforderungen besonders für sog. Dritte Weltländer interessant (Lagerung bei normalen Kühlschranktemperaturen).

Laut Angaben der Impfstoffhersteller BioNTech/Pfizer und Moderna sind ihre Corona-Impfstoffe auch gegen die südafrikanische Variante wirksam.